Lesung

Dienstag  13. Februar 2018, 18:00 Uhr

Beate Niemann

Ich lasse das Vergessen nicht zu
NS-Vergangenheit im familiären und kollektiven Gedächtnis

Erinnern heißt zurückgehen in die Familiengeschichte und in die politische Zeitgeschichte. Die Autorin Beate Niemann erfuhr erst spät in ihrem Leben, dass ihr Vater ein überzeugter Nazi-Mörder war, ihre Mutter die NS-Täterin an seiner Seite. Der Vater, Bruno Sattler war von 1942 bis 1944 Leiter der Abteilung IV (Gestapo) in Belgrad.

In ihrem 2017 erschienenen Buch »Ich lasse das Vergessen nicht zu« schreibt sie erstmalig über ihre Mutter. Welches Erbe gab ihre Mutter der dritten und jüngsten Tochter mit auf ihren Weg, und was hat diese daraus gemacht? Niemann hat das tabuisierte Familiengeheimnis durchbrochen, es öffentlich gemacht, als Zeitzeugin ihrer Eltern arbeitet sie gegen das Vergessen, das Verleugnen, das Verschweigen, das Relativieren.

Beate Niemann, 1942 in Berlin geboren, glaubte über 50 Jahre an die Unschuld ihres Vaters, sie kämpfte für seine Freilassung und nach seinem Tod für seine Rehabilitierung. Gekannt hatte sie ihn eigentlich nur aus der Familiensaga und von wenigen kurzen Besuchen im Gefängnis. Er war ihr zu Unrecht verurteilter Held. Erst in den 1990er Jahren mit dem Zugang zu Stasi-Akten und internationalen Archiven hatte sie schmerzhaft erkennen müssen, dass ihr Vater alles andere als ein Opfer war. Er war ein Massenmörder. Ihre Suche nach Unschuld kehrte sich um in die Sache nach Schuld. Ihre fast obsessive Recherche, die ständig neue schockierende Details hervorgebracht hatte, verarbeitete Yoash Tatari in dem Dokumentarfilm "Der gute Vater – eine Tochter klagt an" (2003) und Niemann selbst in einem eigenen Buch: "Mein guter Vater. Eine Täterbiographie" (2005).

http://www.lichtig-verlag.de/380/380_Mai_2017.pdf

***

Sofern nicht anders angegeben finden alle Veranstaltungen bei uns im
südost Europa Kultur Zentrum in der Großbeerenstraße 88 in Kreuzberg statt, U-Möckernbrücke.


****